«Wir stehen am Anfang einer Mobilitätsrevolution»
Christian Haltner, Gemeindepräsident Stäfa
(22. Mai 2020, Sascha Erni, rb@nggalai.com)
Wie lange setzt Stäfa bereits auf Sponti-Car?
Seit rund zwei Jahren. Der Vorschlag kam intern auf, wir haben dann im kleinen Rahmen entschieden, unser Angebot für umweltfreundliche Dienstfahrten mit dem Sponti-Car zu ergänzen. Seither steht der Wagen allen Gemeindeangestellten und Behördenmitgliedern zur Verfügung. Die Idee war und ist, dass man berufliche Fahrten während der Arbeitszeiten, die man sonst mit dem Privatauto machen würde, stattdessen mit dem Sponti-Car erledigt. Wir werden das in Stäfa sicher so weiterführen, die Auslastung ist sehr gut. Anderen Gemeinden kann ich raten, es einfach auch zu versuchen und so eigene Erfahrungen zu sammeln.
Dann steht das E-Auto nur den Gemeindemitarbeitenden zur Verfügung?
Nein, man kann es auch privat nutzen. Ausserhalb der Dienstzeiten der Gemeindeverwaltung steht es der Bevölkerung zur Verfügung. Diese muss sich registrieren und kann das Auto dann reservieren beziehungsweise nutzen. Von meiner Beurteilung her wird es rege genutzt. Wir haben nur wenige Rückmeldungen erhalten, aber diese waren durch’s Band positiv. Die Standortwahl hat sich als zentral herausgestellt. Unser Sponti-Car steht beim Gemeindehaus, gleich vis-à-vis einer Bushaltestelle und zwei Minuten vom Bahnhof entfernt. Das ist ideal.
Sind Sie in den letzten Jahren selbst mit dem Sponti-Car gefahren?
Nur als Beifahrer.
Wie stehen Sie denn persönlich zur E-Mobilität?
Ich bin der Meinung, dass E-Mobilität zuerst einmal eine grosse Herausforderung für die Automobil-Industrie darstellt. Ich konnte vor einem Jahr das Testzentrum von Daimler / Mercedes in Immendingen besuchen. Eine sehr interessante Sache, ich setze mich seither damit intensiv auseinander. Es geht ja beim Thema E-Mobilität nicht nur um die Fahrzeuge an und für sich, sondern um alle Transportmittel, die man in einen Zusammenhang bringen muss. Mobilität hängt von den verschiedensten Verkehrsträgern ab, die Hand in Hand arbeiten. Ich bin allerdings nicht sicher, ob Elektrizität der richtige, langfristig zukunftstaugliche Antrieb ist.
Wie wird sich die Mobilität in der Schweiz Ihrer Meinung nach entwickeln?
Wir stehen am Anfang einer Mobilitätsrevolution. Ich selbst denke, es wird sich eine Kombination aus verschiedenen Mobilitätskonzepten durchsetzen. Ein reines Sharing-Konzept wird es nicht werden, denn dem Menschen ist auch die Individualität nahe. Aber das Individuum wird sich vermehrt damit auseinandersetzen, was für sich selbst und die Umwelt als Gesamtes am besten und nachhaltigsten ist. Das wird in die zukünftige Mobilität reinspielen, im Beruflichen wie im Privaten. In der Geschichte und im Leben ist es ja immer so, dass neue Entwicklungen irgendwann zum «normalen» Weg werden.
Was verstehen Sie in diesem Sinne unter «Nachhaltigkeit»?
Für mich wäre ein Antrieb dann nachhaltig, wenn die Umweltbilanz des ganzen Kreislaufs mindestens ausgeglichen wäre. Ob sich das beispielsweise mit Batterien erreichen lässt, ist für mich fraglich. Es setzt aber eine Entwicklung für neue Technologien in Gang. Alternativantriebe werden die Ingenieure dazu bringen, zu heute vielleicht noch gar nicht vorstellbaren neuen Lösungen zu kommen. Begonnen mit Pferden, Kohle betriebenen Lokomotiven bis hin zu den heutigen S-Bahn- und Hochgeschwindigkeitszügen mit x-facher Kapazität. Eine solche Entwicklung zeigt, was sich nur schon mit höherer Effizienz erreichen lässt. Stelle ich mir eine solche Entwicklung für den elektrischen Antrieb vor, dann freue ich mich auf diese Mobilitätsrevolution.